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Im Rahmen des folgenden Beitrages soll einleitend ein differenziertes Bild der Behinderung 'Autismus' dargestellt werden. Es gibt wenig Einheitlichkeit in der Terminologie zur Bezeichnung von Menschen mit autistischer Behinderung. Bei den betroffenen Berliner Schülern wurden in psychiatrischen oder neurologischen Untersuchungen 'Frühkindlicher Autismus', 'atypischer Autismus', 'ASPERGER Syndrom', 'Symptom eines frühkindlichen Autismus nach KANNER', 'autistisches Syndrom', 'autistische Züge', 'autistische Symptome', 'autistische Persönlichkeitsentwicklung', 'autistisches Persönlichkeitsprofil', 'autistische Verhaltensweisen', 'autistische Wesenszüge' oder 'autistische Symptomatik' diagnostiziert. Als Hinweis für die pädagogische Arbeit ist diese Differenzierung gänzlich ungeeignet. Es ist hier allerdings nicht der Raum, dieses Dilemma zu diskutieren. In diesem Beitrag werden die Bezeichnungen 'autistisch', 'autistische Behinderung' und 'autistische Züge' synonym verwandt.
Autismus ist keine seltene Störung. Sie trifft durchschnittlich vier bis fünf von 10.000 Personen in unterschiedlicher Ausprägung. In der Bundesrepublik leben zirka 40.000 autistisch behinderte Menschen, davon 10.000 Kinder und Jugendliche unter 21 Jahren. Jungen sind drei- bis viermal häufiger betroffen als Mädchen. Autismus findet man in allen sozialen Schichten und Rassen.
Nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM-III-R), Achse 2, wird Autismus als eine tiefgreifende Entwicklungsstörung eingeordnet, die sich spätestens bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres zeigt. Die Diagnose wird anhand einer Summe von beobachtbaren Symptomen (autistische Verhaltensweisen) gestellt. Als Kernsymptome der autistischen Behinderung gelten:
Auf den ersten Blick sieht man autistischen Kindern ihre Behinderung nicht an, sie fallen eher durch ihr merkwürdiges Verhalten auf.
Anzeichen der Behinderung können sich schon in den ersten Lebensmonaten zeigen. Einige Säuglinge werden als auffallend ruhig, mit sich selbst zufrieden und einem großen Schlafbedürfnis beschrieben. Andere sind sehr unruhig, haben einen gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus, Eßstörungen, wehren Körperkontakt und Zärtlichkeiten schreiend ab oder lassen sie schlaff und teilnahmslos über sich ergehen, nehmen andere Menschen kaum wahr, erwidern weder Blick noch Lächeln.
Das Spiel autistischer Kinder ist in besonderem Maße auffällig. Ein angemessenes Spiel mit Materialien kommt kaum zustande. Die Kinder verharren langanhaltend und scheinbar zufrieden bei immer gleichen, stereotypen Handlungen (z.B. statt mit den Bausteinen einen Turm zu bauen, werden diese nach Farben oder Größe geordnet).
Wenn autistische Kinder Kontakt zu anderen Menschen aufnehmen, kann die Art und Weise sehr ungewöhnlich und befremdend sein, u.a. durch das ständige Wiederholen derselben Fragen, Redewendungen oder Themen, aber auch durch unangemessenes Berühren, Beriechen, Belecken.
Veränderungen in ihrem Lebensumfeld, Unterbrechungen ihrer Gewohnheiten rufen bei autistischen Kindern Unsicherheit, Angstgefühle oder starke Panik hervor. Die Kinder reagieren unterschiedlich, indem sie sich zurückziehen, stereotyp immer dieselben Handgriffe und Bewegungsmuster ausführen, schreien, gegen sich selbst und andere aggressiv werden.
Gegenüber Sinneswahrnehmungen werden ebenfalls Besonderheiten und Widersprüche deutlich. Ein Teil der autistischen Kinder reagiert nicht auf Ansprache oder Aufforderungen, als ob sie schwerhörig oder gar gehörlos seien. Andererseits zeigen sie bei bestimmten Geräuschen Ängste oder Lustgefühle und Freude. Andere halten sich die Ohren zu oder antworten echolalisch. Über- oder Unterempfindlichkeit wie beim Hören lassen sich in allen anderen Sinnesbereichen, wie Sehen, Fühlen und Greifen, Gleichgewicht und Raumlage, Riechen, Schmecken, in der sozial-emotionalen und Selbstwahrnehmung durch vielfältige Beispiele belegen, auf die hier nicht eingegangen werden kann.
Autistische Menschen weisen in allen Sinnesbereichen Wahrnehmungsstörungen unterschiedlicher Art und Ausprägung auf. Bei intakten Sinnesorganen können die zahlreichen Reize nicht richtig eingeordnet und zueinander in Beziehung gebracht werden.
Besonders schwerwiegende Folgen haben die Wahrnehmungsstörungen für das Verstehen sozialer Kontexte und von Sprache. Für Autisten ist das Verhalten anderer Menschen äußerst schwer zu verstehen und sie selbst können sich, auch bei vorhandener Sprachfähigkeit, ihrer Umwelt nur schwer verständlich machen, weil ihnen wirksame Kommunikationsstrategien, die sich aus vielen einzelnen Verhaltensweisen zusammensetzen, fehlen.
Eine Folge dieser Wahrnehmungsstörungen ist der Rückzug auf stereotype Verhaltensweisen, die immer und verläßlich wiederkehren, was Überschaubarkeit, Halt und Sicherheit bedeutet. Da die stereotypen Verhaltensweisen immer nach dem gleichen Schema ablaufen, hindern sie autistische Menschen, neue Erfahrungen zu machen und sich weiterzuentwickeln.
Häufig werden diese merkwürdigen Verhaltensweisen fälschlicherweise als Hinweise auf eine geistige Behinderung oder als Folge eines falschen Erziehungsstils interpretiert.
Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die intellektuelle Begabung autistischer Kinder sehr unterschiedlich ist. Das Spektrum reicht von geistiger Behinderung bis hin zu durchschnittlicher und überdurchschnittlicher Intelligenz. Häufig zeigen autistische Kinder erstaunliche Teilleistungen in Bereichen, in denen soziales Verständnis keine wesentliche Rolle spielt.
Über die Ursachen der autistischen Behinderung ist noch wenig bekannt. Wahrnehmungsstörungen spielen eine bedeutende Rolle, sind jedoch nicht der alleinige Entstehungsgrund. In den letzten vierzig Jahren hat sich die Ursachenforschung mit dem psychogenen, dem genetischen, dem neurobiologischen und dem neuropathologischen Bereich beschäftigt. Bis jetzt konnten keine Verursachungsfaktoren isoliert werden. Derzeit konzentriert sich die Forschung auf biologisch bedingte Störungen der Gehirnfunktion. Für einen Teil der Autisten scheint es eine erbliche Belastung zu geben. Psychogene Faktoren spielen bei der Entstehung des Frühkindlichen Autismus' keine Rolle. Nach derzeitiger Auffassung stellt der Autismus sich als Folge einer hirnorganischen Störung dar, die überwiegend mit mäßigen bis schweren Entwicklungsrückständen einhergeht, jedoch an sich unabhängig von der Intelligenz ist. Als Kernproblem wird die Wahrnehmungsverarbeitungsstörung hervorgehoben. Die Behinderung bleibt zum Teil mit zunehmender Vielfalt und zum Teil mit Abschwächung des Erscheinungsbildes ein Leben lang persönlichkeitsbestimmend. Ob in Familien, in Kindergärten und Schulen, in Heimen, in Werkstätten oder am Arbeitsplatz haben autistische Menschen aufgrund ihrer spezifischen Schwierigkeiten große Probleme, sich in ein Gruppengefüge mit sozialen Regeln einzuordnen und bestimmte Leistungen zu erbringen.
Für Eltern, Pädagogen und Mitarbeiter sozialer und medizinischer Einrichtungen ist es oft ein langer Weg, um die tatsächlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten des jeweils Betroffenen wahrzunehmen und richtig einzuordnen und zielgerichtete entwicklungsförderliche Maßnahmen einzuleiten.
Die schulische Förderung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung ist den einzelnen Kultusministerien unterstellt und deshalb regional unterschiedlich. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass diese Schüler den gleichen Anspruch auf Schulbesuch haben wie nichtbehinderte. Obwohl nicht zu erwarten ist, dass alle diese Schüler die Bildungsziele der einzelnen Schultypen im gesetzlich vorgesehenen Umfang erreichen, kann doch das Erlangen von Abschlüssen auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Im Land Berlin werden Schüler mit autistischer Behinderung deshalb keinem bestimmten Schultyp zugeordnet. Selbstverständlich gilt auch hier die Neufassung des § 10a Schulgesetz für Berlin vom 27.03.1996 - 'Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf' -, in der es heißt: Die Wahl zwischen der allgemeinen Schule und der Sonderschule obliegt in der Grundschule und der Oberschule den Erziehungsberechtigten, mit Ausnahme geistig- und schwerstmehrfachbehinderter Schüler und Schülerinnen in der Oberschule.
Einige der Schüler mit autistischer Behinderung lernen derzeit in Grundschulen, andere in Schulen für Lern-, Sprach-, Seh-, Körper- oder Geistigbehinderte oder auch in Schul-Hort-Gruppen, speziellen Klassen zur ganztägigen Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung. Die Bereitstellung dieses breiten Angebotes schulischer Möglichkeiten bei gleichzeitiger Gewährung verschiedener unterstützender Hilfen ist Teil eines Konzeptes, das in den vergangenen Jahren in Berlin entwickelt und realisiert wurde.
Beide Teile der Stadt haben ihre eigene Geschichte der Bildung und Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung und sind in unterschiedlichem Maße am Entstehen des derzeitigen Konzeptes der schulischen Förderung dieser Klientel beteiligt. Betrachten wir zunächst einmal das ehemalige Westberlin.
1971 wurde im hier auf Initiative einer Gruppe von Eltern der Verein 'Hilfe für das autistische Kind e.V.' mit dem Ziel gegründet, Erfahrungen auszutauschen und Einrichtungen zu eröffnen, in denen Kinder mit autistischer Behinderung pädagogisch und therapeutisch gefördert werden. Seit 1976 erhalten diese Einrichtungen des Vereins Zuwendungen durch den Senat von Berlin. Es entstanden Tagesfördergruppen für Kinder mit autistischer Behinderung. Als für die ersten Mädchen und Jungen dieser Gruppen schulische Förderung notwendig wurde, entstand 1979 mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Jugend und Familie die erste integrative Schul-Hort-Gruppe für autistische und nichtbehinderte Kinder. Doch nicht alle Kinder konnten Aufnahme in diese Gruppe finden. Es wurde deshalb für andere Haus- und Einzelunterricht erteilt.
Selbst in der 'Empfehlung zur Ordnung des Sonderschulwesens' (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.03.1972) finden sich noch keine Aussagen hinsichtlich schulischer Förderung von Kindern und Jugendlichen mit autistischen Zügen.
Im Jahre 1981 wurde mit dem Rundschreiben II Nr. 52 eine sogenannte 'Auftragsschule' für die Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung benannt. Im Rahmen dieses Auftrages entsandte die Comenius-Schule in Berlin-Wilmersdorf Lehrer in die Tagesfördergruppen des Vereins 'Hilfe für das autistische Kind e.V.' und es entstanden an weiteren drei Standorten Schul-Hort-Gruppen, deren Organisation und Struktur noch ausführlich beschrieben wird. Die Kinder und Jugendlichen mit autistischer Behinderung wurden damit Schüler der Comenius-Schule, einer Schule für Lernbehinderte.
Ein weiterer Schritt zur konzeptionellen Weiterentwicklung der schulischen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung war die Einrichtung des Ambulanzlehrersystems. Zunächst erhielten im Schuljahr 1983/84 die Berliner Schulen für Sinnesgeschädigte, Körperbehinderte und später auch für Sprachbehinderte zusätzliche Lehrerstellen für sogenannte Ambulanzlehrer. Erstmals schulrechtlich gefasst wurde dieses System in der Sonderschulordnung von 1984. Später wurde eine Ambulanzlehrerin für Kinder und Jugendliche mit autistischen Zügen an der bereits bestehenden Auftragsschule in Berlin-Wilmersdorf benannt, eine zweite kam hinzu. Sie versorgten alle Schüler im Westteil der Stadt.
In der DDR hatte es kein spezielles Konzept zur schulischen Förderung von Kindern mit autistischer Behinderung gegeben. Diese Tatsache ist kaum erklärbar, da die pädagogische Förderung von Menschen mit Behinderungen ansonsten segregativ in differenzierten Sonderschuleinrichtungen erfolgte. Unseren Erfahrungen zufolge wurden Kinder mit autistischer Behinderung weder systematisch diagnostiziert, noch erhielten sie die Möglichkeit einer gezielten Frühförderung. Zumeist besuchten sie die 'Tagesstätte für schulbildungsunfähige, förderungsfähige Kinder' mit dem Ziel, ein höchstmögliches Maß an Selbständigkeit zu erreichen. Im Mittelpunkt standen die Förderung im lebenspraktischen Bereich und die Befähigung zum Ausführen einfacher produktiver Tätigkeiten unter geschützten Bedingungen. Die Vermittlung von Kulturtechniken war nicht vorgesehen (s. Ministerium für Gesundheitswesen der DDR (Hrsg.): Grundlagenmaterial zur Gestaltung der rehabilitativen Bildung und Erziehung in Rehabilitationspädagogischen Fördereinrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens der DDR, Berlin: Verlag Volk und Gesundheit, 1987 und Fünfte Durchführungsbestimmung zum Gesetz über das einheitliche sozialistische Bildungssystem - Sonderschulwesen - vom 20. Dezember 1968, GBI, Teil II, 1969, Nr. 3)
Am 20.09.1990 wurde in Berlin ein verändertes Schulgesetz beschlossen, das die gemeinsame Unterrichtung und Erziehung behinderter und nichtbehinderter Kinder als eine wesentliche Aufgabe der Allgemeinen Schule verankerte. In der Senatsdrucksache Gemeinsame Unterrichtung und Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen (Senatsverwaltung für Schule, Berufsausbildung und Sport. Drucksache 11/1331, Berlin 1990, S. 25 ff.) wurde ergänzend dazu erläutert, dass der Begriff der 'Sonderschulbedürftigkeit' durch den des 'Sonderpädagogischen Förderbedarfs' abgelöst sei und dabei die diagnostischen Fragestellungen auf ein qualitatives und quantitatives Profil der besonderen Fördermaßnahmen zu richten sind. Der Bereich und der Umfang des Förderbedarfs sei festzustellen und die 'Ursachen der besonderen Problemlage des Schülers; vor allem sind auch die Gegebenheiten der Schule zu ermitteln, die das Kind oder der betreffende Jugendliche besucht oder besuchen soll (Kind-Umfeld-Analyse)'. Dies sollte im Rahmen eines Förderausschussverfahrens geschehen (vgl. Rundschreiben Nr. 6/1990). Für die sonderpädagogische Förderung der Kinder mit entsprechendem Förderbedarf wurden zusätzliche Lehrerstunden zur Verfügung gestellt. Damit wurde nicht länger der Ort der sonderpädagogischen Förderung festgelegt, sondern mit Blick auf die betroffene Person ein individueller Förderbedarf beschrieben.
Die gemeinsame Bildungskommission beider deutscher Staaten, die sich zum Zwecke der Zusammenführung der beiden Bildungssysteme auf dem Wege zur deutschen Einheit konstituiert hatte, verabschiedete am 26.09.1990 auf ihrer abschließenden Sitzung grundsätzliche Vereinbarungen über die sich aus dem Beitritt der DDR zur BRD ergebenden Folgen und notwendigen Maßnahmen zur Neuordnung des Bildungswesens in den fünf neuen Ländern und Berlin/Ost. Mit der Wiedervereinigung hatte sich die Klientel der Schüler mit autistischer Behinderung in Berlin nahezu verdoppelt. Im Jahre 1992 wurde mit der Beauftragung einer Schule und der Benennung von zwei weiteren Ambulanzlehrerinnen damit begonnen, das im Westteil der Stadt bewährte System auf den ehemaligen Ostteil Berlins zu übertragen. Seitdem existieren in der Stadt zwei Auftragsschulen zur Beschulung autistischer Kinder und Jugendlicher, das Förderzentrum Berlin-Wilmersdorf, zuständig für den ehemaligen Westteil, und das Förderzentrum Berlin-Friedrichshain, für den ehemaligen Ostteil Berlins. Auch bei der letztgenannten Schule handelt es sich um eine Schule für Lernbehinderte
Bei der Bezeichnung 'Förderzentrum' handelt es sich um eine profilbezogene Aussage. Sie wird nach Prüfung durch die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport an Sonderschulen vergeben, wenn im wesentlichen folgende Kriterien erfüllt sind
Förderung von Kindern mit besonders hohem Förderbedarf
Therapien durch Sonderpädagogen
Einrichtung von Integrationsklassen und Kooperationsklassen oder Sonderpädagogischen Förderklassen
Sonderpädagogische Diagnostik, Feststellen des sonderpädagogischen Förderbedarfs (Förderausschüsse)
Entwicklung von Individual- und Förderplänen
Koordinierung des Schulhelfersystems
Kooperation mit der allgemeinen Schule
Prävention oder vorsorgende Hilfen durch sonderpädagogische und therapeutische Maßnahmen bei motorischen -, Sprach- und Verhaltensauffälligkeiten sowie bei anderen Behinderungen (Ambulanzlehrersystem)
Nachgehende und begleitende Hilfe (LBÜ-System)
Ambulante behinderungsspezifische Hilfe in der Berufsschule und in der dualen Berufsausbildung im Betrieb
Kooperation mit anderen Institutionen und Diensten (Schulgesundheits-, Schulpsychologischer -, Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst, Behindertenhilfe, Arbeitsamt - Berufsberatung für Behinderte).
Durch die Senatsvorlage 'Neukonzeption zur ergänzenden Pflege und Hilfe von behinderten Kindern und Jugendlichen in der Berliner Schule' wurde ebenfalls im Jahre 1992 die Möglichkeit geschaffen, zusätzliche Helfer für Mädchen und Jungen mit Behinderung zum Einsatz zu bringen. Die Schulhelfer werden danach dann herangezogen, wenn die besonderen Maßnahmen der ergänzenden Pflege und Hilfe im Rahmen des Stellenvolumens der Schule nicht gewährleistet werden können. Zunächst befanden sich die Ambulanz- und Beratungslehrerinnen für Kinder und Jugendliche mit autistischen Zügen bei der Beantragung der Helferstunden in ständiger Konkurrenz mit den Förderbedürfnissen von Kindern mit anderen Behinderungen. Zum Schuljahr 1996/97 wurde durch einen Geschäftsvertrag zwischen dem Land Berlin, vertreten durch die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, und dem Regionalverband Berlin des Vereins 'Hilfe für das autistische Kind e.V.' der Einsatz von Schulhelfern im Rahmen der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung in der Berliner Schule geregelt. Das bedeutet, dass der Verein einen eigenen Finanzpool verwaltet, über den ausschließlich Schulhelfer für Kinder mit autistischer Behinderung bereitgestellt werden.
Mit Beginn des Schuljahres 1996/97 wurde die erste Schul-Hort-Gruppe für autistische Kinder im Ostteil Berlins mit einer Kapazität für acht Kinder des Unterstufenbereiches eröffnet.
Das Berliner Modell der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung ist dadurch charakterisiert, dass für jeden Schüler individuelle Schullaufbahnentscheidungen getroffen werden. Das bedeutet, dass grundsätzlich jeder Schultyp für diesen Personenkreis offensteht, wenn er nach gutachterlicher Prüfung als der geeignete empfohlen werden kann. Zusätzlich existieren Schul-Hort-Gruppen, die als Lernort ausschließlich dieser Klientel zur Verfügung stehen.
Ermöglicht wird diese individuelle Entscheidung über den geeigneten Lernort und die schulische Förderung an ihm durch die Angebotsstruktur der beiden Auftragsschulen, mit den dort existierenden Klassen, den Ambulanz- und Beratungslehrerinnen und den Schul-Hort-Gruppen, die Regelung zu den Förderausschussverfahren, die Möglichkeit der einzelfallbezogenen Hilfe durch einen Schulhelfer, das Engagement der aufnehmenden Schulen.
Außerdem gibt es derzeit für einige Jugendliche unter Nutzung der Methode der 'Gestützten Kommunikation' und im Rahmen einer Schulpflichtverlängerung die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzuholen.
Die folgende Übersicht soll die Angebotsstruktur für autistische Schüler an den beiden Auftragsschulen verdeutlichen
Die Schul-Hort-Gruppen für Schüler mit autistischer Behinderung stellen ein spezielles Schulangebot für Kinder und Jugendliche dar, die aus den verschiedensten Gründen in anderen Organisationsformen sonderpädagogischer Förderung keine zufriedenstellenden Bedingungen für ihre Entwicklung finden. Da jeder Schulpflichtige mit autistischer Behinderung Anspruch auf sechs Stunden Einzelunterricht hat, wird jeweils vier Kindern bzw. Jugendlichen in einem solchen Projekt eine Lehrerstelle zugeordnet. Der Bereich Jugend finanziert über den Verein 'Hilfe für das autistische Kind e.V.' das Personal für eine ganztägige Betreuung. In diesem Rahmen ist es jederzeit möglich, dass einzelne Kinder sich zurückziehen, wenn sie die Gruppensituation überfordert.
Ziel der ganzheitlichen Förderung ist eine Integration in eine Grund- oder Sonderschule mit stützenden Maßnahmen. Es wird nach individuellen Förderplänen gearbeitet, die auch Bereiche der Selbstbedienung und der Bewältigung von Alltagssituationen, wie Einkaufen, Vorbereitung des gemeinsamen Frühstücks und die Benutzung der Verkehrsmittel beinhalten.
Die Organisationsstruktur und die Raumsituation der Schul-Hort-Gruppen soll exemplarisch anhand des Projektes beschrieben werden, das der Auftragsschule in Berlin-Friedrichshain zugehörig ist. Diesem Schul-Hort-Projekt steht in einer Grundschule des Bezirks Berlin-Prenzlauer Berg eine abgeschlossene Wohnung mit drei Räumen, einer Küche und einem Sanitärbereich in einem Seitenflügel zu Verfügung, sowie in der darüberliegenden Etage noch einmal zwei Räume, darunter einer, der durch eine Falttür geteilt werden kann. Dies ist der Bewegungsraum mit einer Sprossenwand, einer Rutsche, Matten, Bällen und Turnbänken. Der Werkraum und der Schulgarten der Grundschule stehen dem Schul-Hort-Projekt ebenfalls zur Nutzung zur Verfügung, so dass die Kinder einfache Tätigkeiten erlernen und üben können.
Zweimal in der Woche kommt eine Physiotherapeutin in die Einrichtung, um die ganzheitliche Förderung der Kinder zu stützen.
Die selbständige Schulwegbewältigung ist den Kindern zumeist nicht möglich. Es ist deshalb notwendig, entsprechend der 'Ausführungsvorschriften über Schulwegbeförderung, Schulwegbegleitung und Fahrkostenhilfe' vom 8. August 1990 die Beförderung in nichtöffentlichen Verkehrsmitteln zu finanzieren und zu organisieren.
Zwischen 8.00 Uhr und 8.30 Uhr werden die Kinder täglich in die Schule gebracht. Der Unterrichtstag beginnt mit einem Morgenkreis, an den sich das gemeinsame Frühstück anschließt. Beim Einkaufen und Tischdecken hilft abwechselnd jeder Schüler einmal mit. Anschließend findet der Unterricht in Einzel- und Kleingruppensituationen statt. Auch das Mittagessen wird gemeinsam eingenommen.
Einmal in der Woche gehen die Kinder in eine Schwimmhalle. An einem anderen Tag steht ein Ausflug auf dem Stundenplan. Dann lernen die Kinder, Verkehrsmittel zu benutzen und sich in der Öffentlichkeit zu bewegen. Das Projekt ist bis 15.30 Uhr geöffnet.
Werden Plätze im Projekt durch Reintegration oder Verzug eines Kindes frei, schlagen die Ambulanz- und Beratungslehrerinnen einen neuen Schüler zur Aufnahme vor. Das Erzieher-Team entscheidet dann gemeinsam mit den Lehrerinnen unter Berücksichtigung der Gruppensituation über diesen Vorschlag.
Einmal wöchentlich trifft sich das Team an einem Nachmittag, um über die Belange der Gruppe und die Entwicklung einzelner Kinder zu sprechen. Regelmäßig kommen auch Eltern, Einzelfallhelfer bzw. Therapeuten und die Ambulanz- und Beratungslehrerinnen hinzu. Für die Mitarbeiter besteht die Möglichkeit der Supervision.
An beiden Auftragsschulen existieren Klassen für Lernbehinderte, in denen auch Kinder bzw. Jugendliche mit autistischer Behinderung unterrichtet werden. In der Comenius-Schule bestehen zusätzlich noch Integrationsklassen, die Kinder mit autistischen Zügen aufnehmen können. So lässt es sich auch ermöglichen, dass Schüler aus den Schul-Hort-Gruppen gleitend in den Unterricht der Integrationsklassen oder Klassen für Lernbehinderte aufgenommen werden.
Jeder der beiden Berliner Auftragsschulen sind zwei Ambulanz- und Beratungslehrerinnen für Kinder und Jugendliche mit autistischen Zügen zugeordnet. Sie sollen bei Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung im Zuständigkeitsbereich Ost bzw. West Erschwernisse beim Schulbesuch, die aus der Behinderung resultieren, mildern, begrenzen oder vermeiden. Zu ihrem Tätigkeitsfeld gehört es,
geeignete Schulhelfer auszuwählen, deren Arbeitsverträge zur Unterschriftslegung vorzubereiten, die Abrechnung ihrer Stunden zu überprüfen, sie fortzubilden und in ihrer Arbeit zu begleiten
Lehrer von Schülern mit autistischer Behinderung gezielt zu beraten, um dem Förderbedarf dieser Kinder und Jugendlichen bestmöglich gerecht zu werden. Dies beinhaltet z.B. regelmäßige Hospitationen, Anregungen zur Gestaltung des Unterrichts und der sozialen Integration in bezug auf behinderungsspezifische Probleme, Hilfe bei der Erstellung und Umsetzung von Förderplänen sowie bei der Schaffung personell-organisatorischer und räumlicher Bedingungen sowie die Vermittlung bei Problemen in der Kooperation zwischen Elternhaus und Schule. Es erfolgt also sowohl eine begleitende pädagogische Beratung an Sonderschulen als auch die Vorbereitung, Einrichtung und Begleitung der Integration der Kinder und Jugendlichen mit autistischer Behinderung in Allgemeine Schulen. Im Berliner Grundschulbereich findet derzeit bei den von uns betreuten Kindern verstärkt zieldifferente Integration, d.h. der Schüler wird nicht nach dem Rahmenplan der Grundschule unterrichtet und bewertet, an Oberschulen zielgleiche Integration, d.h. Unterricht und Bewertung nach dem in der Schule gültigen Rahmenplan, statt.
bei langfristigen Über- oder Unterforderungssituationen für das Kind, die Gruppe oder die Kollegen Alternativen zu entwickeln, z.B. ein geeigneteres Lernumfeld zu finden
auf der Grundlage der Diagnose 'Autismus' die sonderpädagogischen Gutachten zur Vorlage im Förderausschuss zu erstellen
Fortbildungen für Lehrer, Erzieher, Schulhelfer und andere, die Kinder und Jugendliche mit autistischer Behinderung unterrichten, erziehen und fördern, zu gestalten, Eltern können sich in Schulfragen beraten lassen
an Fachtagungen und Kongressen teilzunehmen
mit den Eltern, Pädagogen, der Schulverwaltung, medizinischen und sozialen Diensten und Verbänden zusammenzuarbeiten und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu verstärken.
Das flexible System der Ambulanz- und Beratungslehrerinnen trägt dazu bei, den Bildungsanspruch von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung an jedem bereitgestellten Lernort in der Berliner Schule zu sichern.
Die Aufgaben der Förderausschussverfahren bei Kindern und Jugendlichen mit autistischen Zügen bestehen, analog zum Förderausschussverfahren in Berlin generell, in der
Erhebung und Einschätzung des sonderpädagogischen Förderbedarfs des gemeldeten Kindes bzw. Jugendlichen
Kennzeichnung der Rahmenbedingungen, die eine adäquate Förderung des Kindes bzw. Jugendlichen ermöglichen
Empfehlung zur zukünftigen Laufbahn des Schulpflichtigen
Vorbereitung der Entscheidung durch die Schulaufsicht.
Wenn ein Kind mit autistischen Zügen schulpflichtig wird, sollte unbedingt rechtzeitig ein Förderausschuss einberufen werden, weil aus der Behinderung heraus begründet sonderpädagogischer Förderbedarf besteht und es erfahrungsgemäß viel Zeit beansprucht, einen geeigneten Lernort zu finden und günstige Bedingungen für die zukünftigen Lernanfänger zu schaffen. Häufig besteht bei den Kindern bereits Klarheit über die Diagnose, bevor sie eingeschult werden.
Auch nach der Einschulung kann noch ein Förderausschuss einberufen werden, wenn
während des Schulbesuches bei Kindern und Jugendlichen, deren Behinderung noch nicht sicher erkannt wurde, deutlich wird, dass sonderpädagogischer Förderbedarf besteht
der sonderpädagogische Förderbedarf aufgrund der aktuellen Entwicklung des Kindes bzw. Jugendlichen neu bestimmt werden muss
die Organisationsform der sonderpädagogischen Förderung während der ersten fünf Klassenstufen geändert werden soll
am Ende des ersten Halbjahres der Klassenstufe 6 der Übergang an die Oberschule vorzubereiten ist.
Für die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs im Bereich der Pädagogik autistischer Kinder und Jugendlicher ist die Diagnose 'Autismus' Bedingung. Es handelt sich hier um eine psychiatrische und in keinem Fall eine sonderpädagogische Diagnose. Als zuständige Sonderpädagogen erstellen wir eine kind- und umfeldbezogene Analyse, die in Empfehlungen zur Schullaufbahn des Betreffenden mündet und der Vorlage im Förderausschuss dient. Objektivierte Verfahren finden hier keine Anwendung. Die Instrumentarien zur Erstellung des sonderpädagogischen Gutachtens sind vielmehr die Langzeitbeobachtung des Kindes und Gespräche mit allen um die Förderung des Kindes bzw. Jugendlichen bemühten Personen, wie Eltern, Therapeuten, Einzelfallhelfern und Pädagogen. Im Verlaufe der gutachterlichen Erhebungen werden anamnestische Daten aus dem Elterngespräch dargestellt, die eigenen Hospitationsbeobachtungen protokolliert und die Hinweise der befragten Fachleute zusammengefasst. So soll eine auf das aktuelle Kind-Umfeld-System abgestimmte Empfehlung zur optimalen Förderung des Kindes bzw. Jugendlichen gegeben werden.
Der Sitzung des Förderausschusses gehören als verbindliche Mitglieder an
der Schulleiter der zuständigen Schule
bei bereits Schulpflichtigen der Klassenleiter der besuchten Schule bzw. bei Vorschülern der zukünftige Klassenleiter der Schule, in die das Kind aufgenommen werden könnte
der Sonderpädagoge der vermuteten bzw. festgestellten Fachrichtung
die Personensorgeberechtigten des betroffenen Kindes.
Teilnehmen können unter Umständen auch Vertreter des Schulpsychologischen Dienstes, eine Vertrauensperson der Eltern und ein Dolmetscher bei Kindern bzw. Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache.
Die Feststellung, ob ein sonderpädagogischer Förderbedarf besteht oder nicht, und die Entscheidung über die weitere Förderung des Kindes oder Jugendlichen einschließlich der Organisationsform trifft die zuständige Schulaufsicht. Sie entscheidet unter Berücksichtigung des elterlichen Votums und der verfügbaren personellen, räumlichen und sächlichen Ausstattungen.
Schüler mit autistischer Behinderung benötigen häufig zusätzliche Stützung, Pflege und Kommunikationshilfe. Der Einsatz dieser einzelfallbezogenen Hilfe richtet sich immer nach dem zusätzlichen Bedarf des jeweiligen Mädchens oder Jungen.
Den Ambulanz- und Beratungslehrerinnen obliegt es, in ihrem sonderpädagogischen Gutachten zur Vorlage im Förderausschuss den Helferbedarf für das einzelne Kind bzw. den Jugendlichen zu begründen und eine Tätigkeitsbeschreibung für den Schulhelfer zu erstellen. In der Schule für Geistigbehinderte werden Schulhelfer nicht auf Dauer eingesetzt.
Die helfenden Personen erhalten einen Honorarvertrag über den Zeitraum von einem Jahr. Zumeist begleiten sie das Kind oder den Jugendlichen während fünfzehn bis zwanzig Wochenstunden.
Eine pädagogische Ausbildung ist keine Einstellungsvoraussetzung. Dessen ungeachtet haben fast alle Schulhelfer eine solche Qualifikation.
Das Kommunikations- und Arbeitsassistenz-Projekt Berlin (KAA) nahm im Schuljahr 1996/97 seine Tätigkeit auf. Die Aufgaben dieses Projektes formuliert der Verein 'Eltern für Integration e.V.' folgendermaßen: 'Ziel des Projektes ist es Menschen mit schweren Kommunikationsbehinderungen (Autismus) bei der Eingliederung ins Berufs- und Arbeitsleben zu helfen. Es handelt sich dabei um eine Gruppe von Menschen, die auf Grund der Art und Schwere ihrer Behinderung bisher keine Chance haben, eine berufliche Ausbildung oder eine Beschäftigung zu erhalten, auch nicht in einer Werkstatt für Behinderte' (unveröffentlicht, 1995).
Obwohl eigentlich als Projekt zur Eingliederung ins Berufsleben konzipiert, erhalten derzeit innerhalb dieses Projektes Jugendliche die Möglichkeit, im Rahmen einer Schulpflichtverlängerung und unter Nutzung der Methode der 'Gestützten Kommunikation' den Hauptschulabschluss zu erwerben. Die 'Gestützte Kommunikation' ist eine maßgeblich von Rosemary CROSSLEY (1990;1997) entwickelte Methode, die es Menschen, die kaum oder gar nicht über Lautsprache verfügen, ermöglicht, auf Buchstaben oder Worte zu zeigen, indem man sie an der Hand oder dem Arm stützt.
Nachdem nunmehr das Berliner Modell zur Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit autistischen Zügen dargestellt worden ist, soll anhand ausgewählter Angaben dessen Funktion illustriert werden, d.h. es soll aufgezeigt werden, wie sich die Schulsituation dieser Schüler im Schuljahr 1996/97 in den östlichen Bezirken Berlins darstellte.
Die Anzahl der erfassten und von uns, den Ambulanz- und Beratungslehrerinnen des Förderzentrums Berlin-Friedrichshain, regelmäßig betreuten Schülern nahm von 1993 bis 1997 kontinuierlich zu und stieg im Schuljahr 1996/97 auf 92 Personen an.
Unter den im Schuljahr 1996/97 betreuten Schülern sind 67 Jungen und 25 Mädchen.
Die Suche nach geeigneten Schulen und das Schaffen günstiger Bedingungen für Lernanfänger sowie das Gewährleisten stabiler entwicklungsförderlicher Bedingungen für Schüler in verschiedenen Schultypen und Klassenstufen standen bei der Beratungsarbeit im Vordergrund. Dabei waren die Pädagogen in den Schulen zumeist sehr einsatzbereit und kooperativ.
Die Beratung der Eltern in Schulfragen nahm in dem Maße einen größeren Raum innerhalb unserer Arbeit ein, wie die Kinder bei der Meldung jünger wurden und die Frage eines geeigneten Lernortes zunehmend öfter erstmalig zu klären war.
Für Pädagogen standen wir durchgängig als Ansprechpartner zur Verfügung, insbesondere um bei häufigen Kommunikationsproblemen zwischen Pädagogen und der Schulleitung oder dem zuständigen Schulrat und den Eltern im Sinne des Kindes oder Jugendlichen zu vermitteln.
Immer wieder zeigten sich Probleme beim Erkennen, Beantragen und Durchsetzen aller Möglichkeiten, die eine Integration des Kindes mit autistischer Behinderung in eine bestimmte Schulform ermöglichen bzw. Entlastungen in akuten Krisensituationen bringen. Sind allerdings personelle, sachliche und räumliche Mittel, die zur Umsetzung des sonderpädagogischen Förderbedarfs benötigt werden, an der Schule nicht vorhanden, ist der Beschulung und sonderpädagogischen Förderung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung, gleich in welchem Schultyp, Grenzen gesetzt.
Bewährt haben sich die von uns initiierten sogenannten Helferkonferenzen. Es handelt sich hierbei um Gespräche in regelmäßigen Abständen zwischen allen Personen, die um die Betreuung und Förderung des Kindes besorgt sind, d.h. Fachleute mit pädagogischen, psychologischen, therapeutischen, medizinischen und sozialarbeiterischen Aufgaben, und den Eltern als gleichberechtigte Partner in der Schule, um eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zu ermöglichen und gemeinsam die nächsten Entwicklungsziele zu bestimmen.
Des weiteren haben wir festgestellt, dass noch immer ein großer Informationsbedarf über die Besonderheiten von Schülern mit autistischer Behinderung und die Möglichkeiten ihrer Unterrichtung im Land Berlin besteht. Aus diesem Grunde führten wir zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen durch.
Ca. 57% der Schüler besuchten im Schuljahr 1996/97 eine Schule für Geistigbehinderte. Etwa 21% gingen in die Schule für Lernbehinderte. Zu dieser Gruppe gehörten auch die Jungen, die in der Schul-Hort-Gruppe lernten. Jeweils neun Prozent lernten in einer Grundschule bzw. einer Schule für Körperbehinderte. Von einem Prozent der Schüler wurde je eine Schule für Seh- und Sprachbehinderte und eine Berufsschule besucht.
Seit August 1996 besucht ein Junge mit autistischer Behinderung den Sekundarbereich I der Schule für Sehbehinderte im Realschulteil. Er wird von einer Schulhelferin begleitet. Es ist damit erstmalig in den östlichen Bezirken gelungen, eine weiterführende Schule für die Aufnahme von Kindern mit autistischer Behinderung aufzuschließen. Die sehr positive Entwicklung des Schülers lässt uns für die anderen Integrationsschüler, die den Schulwechsel in den nächsten Jahren vollziehen werden, hoffen.
Der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung an Schulen für Körperbehinderte erscheint auf den ersten Blick erstaunlich hoch. Er erklärt sich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass hier nach unterschiedlichen Rahmenplänen gearbeitet wird, also nach dem der Grundschule als auch dem der Schule für Lern- bzw. Geistigbehinderte. Durch diese Arbeit in verschiedenen Schulzweigen, den kleinen Klassenfrequenzen und der sonderpädagogischen Kompetenz der Lehrer bieten diese Sonderschulen ein gutes Bedingungsgefüge für die Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit autistischer Behinderung.
Im Schuljahr 1996/97 war es möglich, zwölf Schulhelfer für dreizehn Kinder und Jugendliche mit autistischer Behinderung in den östlichen Bezirken Berlins als Honorarkräfte zur ergänzenden Pflege und Hilfe mit durchschnittlich zwanzig Wochenstunden einzusetzen. Am Ende des Schuljahres 1996/97 war es notwendig, die vorhandenen Stunden neu zu verteilen. Um die Schulanfänger von 1997 auch versorgen zu können, mussten bei bereits von Schulhelfern betreuten Kindern Kürzungen vorgenommen werden. Zwanzig Wochenstunden Schulhelfereinsatz für ein Kind sind im Schuljahr 1997/98 die Ausnahme. Neben der eindeutigen Verschlechterung für die Schüler wird es aufgrund der geringen Bezahlung der Helfer schwierig, geeignete Bewerber für diese Tätigkeit zu finden, wenn eine bestimmte Anzahl von Wochenarbeitsstunden unterschritten wird.
Auch die Anzahl der Förderausschussverfahren nahm in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu.
Im Schuljahr 1996/97 wurden sechzehn Förderausschüsse für Kinder und Jugendliche mit autistischen Zügen durchgeführt.
Bei sechs Kindern standen die Bedingungen für eine erfolgreiche Einschulung im Mittelpunkt. Von ihnen wurde je eines in die Schule für Sprachbehinderte und die Schule für Geistigbehinderte eingeschult. Zwei Kinder wurden Schüler einer Grundschule und zwei besuchen die Schul-Hort-Gruppe für autistische Kinder. Bei zwei der sechs Kinder wurde Gehörlosigkeit und Autismus diagnostiziert und in beiden Bereichen sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt. Beide Kinder besuchten über mehrere Jahre den Vorschulteil der jeweiligen Schule für Gehörlose. Eine Aufnahme der Kinder in die erste Klasse scheiterte an den starren pädagogischen Konzepten dieser Schulen. Die Beschulung beider Kinder in einer Schule für Gehörlose hätte die Möglichkeit bedeutet, wenigstens einen Förderbereich durch sonderpädagogische Fachkompetenz vor Ort abzudecken. Die Schulen, die diese beiden Kinder aufgenommen haben, besitzen Erfahrungen in der Arbeit mit Schülern mit autistischer Behinderung und waren auch bereit, sich den besonderen Anforderungen, die die Beschulung nichthörender Kinder erfordert, zu stellen.
Zehn Kinder und Jugendliche waren zum Zeitpunkt der Sitzung des Förderausschusses bereits Schüler.
Drei von ihnen verblieben in den bisher besuchten Einrichtungen, einer Schule für Geistigbehinderte, der Schul-Hort-Gruppe und einer Grundschule unter Gewährung von Hilfen und nach Festschreibung von Förderzielen.
Zwei Jungen, je einer aus einer Schule für Lern- und Geistigbehinderte, wurden in die Schul-Hort-Gruppe aufgenommen, da die bisher besuchten Schulen keine ihnen gemäßen Bedingungen zur Förderung mehr bieten konnten.
Je ein Kind wechselte aus der Schul-Hort-Gruppe bzw. einer Integrationsklasse in die Schule für Geistigbehinderte. Im ersten Fall erfolgte die Umschulung auf Wunsch der Eltern, welche die Unterbringung ihres Sohnes während der Hort-Schließzeiten nicht gewährleisten konnten. Im zweiten Fall überforderte die Situation in der Grundschule das Kind auf Dauer. Es reagierte mit einer konsequenten Verweigerung auf jegliche Anforderung. Auch die Anzahl seiner epileptischen Anfälle nahm zu. Das Pädagogenteam in dieser Klasse hatte sich zudem verändert und es gab einen relativ langen Zeitraum, bis ein gemeinsamer pädagogischer Stil gefunden worden war. Die Zeit des Suchens war insbesondere für das Kind mit der autistischen Behinderung so schwierig, dass es eine Einzelförderung erhalten musste, die in die Entscheidung mündete, dass die bisherige Schule dem Kind nicht mehr gerecht werden könne.
Ein Mädchen wurde aus einer Sonderpädagogischen Förderklasse (hier werden Kinder nach dem Rahmenplan der Grundschule unterrichtet, der Lernstoff der ersten beiden Schuljahre wird jedoch auf drei Jahre verteilt) in eine Klasse der Schule für Lernbehinderte umgesetzt. Dies bedeutete, dass ihr sowohl die Klassenlehrerin als auch der größte Teil der Mitschüler erhalten blieb, die mit ihr den Wechsel vollzogen. Da die Sonderpädagogische Förderklasse zu der Schule für Lernbehinderte gehörte, blieb sogar die Raumsituation unverändert.
Ein Junge wurde aus der Schul-Hort-Gruppe in eine Klasse für Lernbehinderte an einer Schule für Körperbehinderte eingeschult. Es ist erklärtes Ziel der Beschulung in dieser Gruppe, die Mädchen und Jungen nach Möglichkeit wieder in andere Schulen zu integrieren, was in diesem Fall mit Hilfe eines Schulhelfers auch gelang.
Ein junger Mann mit autistischer Behinderung musste nach massiven tätlichen Angriffen auf die Lehrer und Erzieher einer Schule für Geistigbehinderte diese verlassen. Im Förderausschuss wurde die Aufnahme ins KAA-Projekt empfohlen.