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Man kann auf der Grundlage der Einwohnerzahl Berlins davon ausgehen, dass in dieser Stadt ca. 1.700 Menschen mit Frühkindlichem Autismus leben und insgesamt etwa 8.500 Besonderheiten zeigen, die dem Spektrum autistischer Störungen zugerechnet werden können.1 Wie erfolgreich sie in eine berufliche Tätigkeit und eine Berufsausbildung eingegliedert werden können, ist neben ihren eigenen Fähigkeiten abhängig von der sozialen Unterstützung, die sie erhalten und von den Kenntnissen, über die die Personen, welche die Unterstützung leisten, verfügen.
Der Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. hat Ende der neunziger Jahre eine Arbeitsgruppe damit beauftragt, eine Konzeption Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus zu erstellen. Diese Konzeption wurde im Rahmen einer Tagung im Jahre 1998 vorgestellt. Nicosia Nieß, Mutter einer jungen Erwachsenen mit autistischer Behinderung, fasste in einem Tagungsbeitrag verschiedene Aspekte zusammen, die die Arbeitsgruppe in Hinblick auf die berufliche Eingliederung von Menschen mit autistischer Behinderung für wichtig erachtete:
„1.) Bei aller Verschiedenheit in der Ausprägung der Behinderung gibt es doch eine Reihe grundlegender Bedingungen, wenn die berufliche Eingliederung eines autistischen Menschen erfolgreich verlaufen soll. Dies sind
Kenntnis der individuellen Besonderheiten dieses Menschen
Abschirmung von einem Übermaß an Reizen
Vermeidung von Zeitdruck
Strukturierung der Arbeit
Schriftliche bzw. bildliche Hilfen
Lernen in Realsituationen
Einsatz einer Vermittlungsperson bei sozialen Anforderungen.
2.) Frühzeitige und sorgfältige Vorbereitung der Entscheidung für ein bestimmtes Berufsbild
Der autistische Mensch braucht wegen der Veränderungsproblematik wesentlich mehr Zeit als nichtautistische Menschen, um sich mit neuen Vorstellungen auseinanderzusetzen, man muss ihn daher langsam an die Entscheidung heranführen.
Eltern, Lehrer und Therapeuten haben oft einen realistischeren Überblick über die Anforderungen und Fähigkeiten des autistischen Menschen, sie müssen daher helfen, die Weichen zu stellen.
Wichtig ist nicht so sehr, dass der autistische Mensch den Anforderungen der Ausbildung gewachsen ist, sondern, dass er den Anforderungen des späteren realen Berufes gewachsen ist. Nur dann lohnt sich die zeitaufwendige und kräftezehrende Investition in die Ausbildung.
Man sollte z.B. die Sachbearbeiter des Arbeitsamtes, des Versorgungsamtes usw. Rechtzeitig vorher von der Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit den vertrauten Bezugspersonen überzeugen. Auch ein 20jähriger Autist ist eben nicht sozial reif wie ein 20jähriger ohne Autismus.
3.) Wichtig ist die Wahlfreiheit für den behinderten Menschen. Weder eine vorschnelle Festlegung auf die Werkstatt für Behinderte noch eine Ablehnung der WfB ‚aus Prinzip’ ist nützlich. Wer mit der im Augenblick bestehenden Arbeitssituation unzufrieden ist, sollte daher die Möglichkeit erhalten, Alternativen zu erproben.
4.) Wenn eine Lösung für sinnvoll befunden wurde, müssen die dabei nötigen Hilfen so lange als nötig, unter Umständen auch lebenslang gegeben werden. Auch hier sei [...] auf den Vergleich mit körperbehinderten Menschen verwiesen, der ja auch nicht nach einer gewissen Zeit den Rollstuhl entzogen bekommt.
5.) Eine konsequente Anwendung des im Bundessozialhilfegesetz, BSHG, vorgesehenen Individualgrundsatzes sollte auch für den Bereich der Arbeit als übliche Hilfe neben der pauschalierten Unterstützung in der WfB eingeführt werden.
6.) Es fehlt an allen Ecken an der Ausbildung in Hinsicht auf den frühkindlichen Autismus. Hier sind die Regionalverbände aufgerufen, hartnäckig auf Versäumnisse hinzuweisen und Fortbildungsangebote zu machen. Das betrifft die Arbeitsämter, die Hauptfürsorgestellen, die Eingliederungsfachdienste, die Berufsschulen usw.“2
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass auch für den Erwachsenen mit autistischer Behinderung pädagogische und psychologisch orientierte Hilfen notwendig sind. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, bei der Wahl der Berufsausbildung die Berufsberatung des Arbeitsamtes zu Hilfe zu ziehen. Oftmals werden auch der Ärztliche und der Psychologische Dienst des Arbeitsamtes beteiligt.
Da Umfang und Ausprägung der Besonderheiten individuell sehr verschieden sind, ist es schwierig, allgemeine Aussagen zu Möglichkeiten der Berufsausbildung und -ausübung zu geben. Abgeraten werden muss von Berufen oder Tätigkeiten, die Teamarbeit erfordern oder bei denen sich der Betroffene ständig auf andere Dialogpartner oder wechselnde Aufgaben einstellen muss.
Die berufliche Rehabilitation umfasst alle Maßnahmen und Hilfen, die erforderlich sind, um die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen in das Arbeitsleben zu erreichen. Rechtliche Grundlage ist vor allem das Dritte Buch des Sozialgesetzbuches. Durch das Arbeitsförderungs-Reformgesetz (AFRG) wurde das Recht der Arbeitsförderung als Drittes Buch in das Sozialgesetzbuch (SGB III) eingegliedert. Das SGB III trat am 1. Januar 1998 in Kraft und löste damit zugleich das bis dahin geltende Arbeitsförderungsgesetz (AFG) ab. Es umfasst die Leistungen und Maßnahmen zur Arbeitsförderung, einschließlich der Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Mit den Regelungen zur Arbeitslosenversicherung ist das SGB III zugleich Bestandteil der Sozialversicherung.
Nach § 19 des SGB III sind Menschen mit Behinderungen, körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtige Personen, deren Aussichten, beruflich eingegliedert zu werden oder zu bleiben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert ist und die deshalb Hilfen zur beruflichen Eingliederung benötigen. Die Behinderten stehen den Personen gleich, denen eine Behinderung mit den oben genannten Folgen droht.“
Für berufliche Ersteingliederung gibt es unterschiedliche Fördermaßnahmen. Sie umfassen
berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, wie Förderlehrgänge oder den Berufsbildungsbereich in der Werkstatt für behinderte Menschen,
die Berufsausbildung in Betrieben und Reha-Einrichtungen, wie das Berufsbildungswerk und
die Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen und die Ausbildung nach der regulären oder der besonderen Ausbildungsregelung für Behinderte.
Für die Leistungen zur beruflichen Eingliederung Behinderter gilt das Prinzip des Wohnort-Arbeitsamtes (§ 327 SGB III). Damit ist das Arbeitsamt zuständig, in dessen Bezirk der Mensch mit Behinderung seinen Wohnsitz hat. Hält er sich aber überwiegend nicht an seinem Wohnsitz auf, ist das Arbeitsamt zuständig, in dessen Bezirk er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Für Leistungen an Arbeitgeber ist das Arbeitsamt zuständig, in dessen Bezirk der Betrieb liegt. Werden Leistungen an Träger von Einrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildung oder zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen erbracht, ist das Arbeitsamt zuständig, in dessen Bezirk das Projekt oder die Maßnahme durchgeführt wird.
Nach Paragraph 98 Absatz 1 SGB III wird zwischen allgemeinen und besonderen Leistungen für die Förderung der beruflichen Eingliederung unterschieden, die den Menschen mit Behinderungen von den Arbeitsämtern gewährt werden.
Allgemeine Leistungen sind solche, die in gleicher Weise Nichtbehinderten gewährt werden. Besondere Leistungen sind dagegen nach Paragraph 102 Absatz 1 SGB III nur dann zu gewähren, wenn
1. Art und Schwere der Behinderung oder die Sicherung des Eingliederungserfolges die Teilnahme an
a) einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für Behinderte oder
b) einer sonstigen auf die besonderen Bedürfnisse Behinderter ausgerichteten Maßnahme dies unerlässlich machen oder
2. die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.
Die besonderen Leistungen sind Pflichtleistungen, auf die der Mensch mit Behinderung beim Vorliegen der im Gesetz genannten Voraussetzungen einen Rechtsanspruch hat. Diese Leistungen sind zu gewähren, wenn die Maßnahme wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Eingliederungserfolges unerlässlich für die berufliche Eingliederung ist (§ 102, Absatz 1 SGB III).
Weitere Informationen zu Fragen des Rechts von Menschen mit Behinderung findet man im regelmäßig aktualisierten Handbuch Die Rechte behinderter Menschen und ihrer Angehörigen, das man bei der
Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte e.V.
Kirchfeldstraße 149
40215 Düsseldorf
Telefon: 02 11/31 00 60
Fax: 02 11/31 00 648
e-mail: Referat-Recht@BAGH.de
bestellen kann.
Auszubildende mit autistischer Behinderung dürften nach §§ 104-108 SGB III während ihrer beruflichen Ausbildung oder einer berufsvorbereitenden Maßnahme (einschließlich einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen) Anspruch auf Ausbildungsgeld haben. Die Höhe richtet sich nach Art der Maßnahme und nach Alter, Wohnsituation und ist abhängig vom Einkommen der Eltern. Gewährt wird es auf Antrag und frühestens vom Monat der Antragstellung an.
Etwa 50 bis 60 Prozent der Schulabgänger mit autistischer Behinderung werden in eine Werkstatt für behinderte Menschen (vormals Werkstätten für Behinderte) aufgenommen.3 Die Werkstätten für behinderte Menschen sind Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation. Sie bietet Personen, die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, einen Arbeitsplatz. Ziel ist eine wohnortnahe Rehabilitation. Die Werkstätten für behinderte Menschen haben einen dualen Auftrag: ihre Tätigkeit soll einerseits darauf ausgerichtet sein, Menschen mit Behinderung wieder in den allgemeinen Arbeitsmarkt einzugliedern, andererseits soll sie den Menschen mit schweren Behinderungen geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.
Der Besuch ist grundsätzlich freiwillig, es gibt keine Zuweisung oder Arbeitspflicht. Beschäftigte mit geistiger Behinderung bilden die größte Gruppe der Personen in der Werkstatt für behinderte Menschen.
Im Jahr 2001 waren in Berlin mehr als 5000 Menschen mit Behinderungen in elf verschiedenen Werkstätten für behinderte Menschen tätig.4 Hier wird auch ein Großteil der Berliner Schulabgänger mit autistischer Behinderung eingegliedert. Sie benötigen von Anfang an eine ruhige, gut strukturierte Umgebung und verständnisvolle Anleitung im Umgang mit ihren Arbeitskollegen. Vor Lärm, Hektik und unvorbereitetem Wechsel der Arbeitsanforderungen müssen sie geschützt werden. Es sollte bei Bedarf vor Aufnahme in die Werkstatt geklärt werden, ob die Pausen- und Arbeitszeiten flexibel geregelt werden können und ob es Rückzugsmöglichkeiten während der Pausen gibt.
Gemäß Paragraph 13 der Werkstättenverordnung5 sollten zwischen dem Beschäftigten und der Werkstatt schriftliche Werkstattverträge abgeschlossen werden. Es ist empfehlenswert, bereits in diesem Vertrag bei Bedarf festzulegen, dass die Wochenarbeitszeit von ca. 35 Stunden unterschritten werden kann, wenn es behinderungsbedingt erforderlich ist. Diese Möglichkeit sieht die Werkstättenverordnung im Paragraphen 6 vor:
„§ 6 Beschäftigungszeit
(1) Die Werkstatt hat sicherzustellen, dass die behinderten Menschen im Berufsbildungs- und Arbeitsbereich wenigstens 35 und höchstens 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden können. Die Stundenzahlen umfassen Erholungspausen und Zeiten der Teilnahme an Maßnahmen im Sinne des § 5 Absatz 3.
(2) Einzelnen behinderten Menschen ist eine kürzere Beschäftigungszeit zu ermöglichen, wenn es wegen Art oder Schwere der Behinderung oder zur Erfüllung des Erziehungsauftrages notwendig erscheint.“
Neben dem regulären Urlaub stehen dem Behinderten nach dem Schwerbehindertengesetz jährlich fünf Tage Sonderurlaub zu.
Für seine Tätigkeit erhält der Beschäftigte ein Entgelt, das nicht mit einer tariflichen Bezahlung verglichen werden kann. Seit dem 1. Juli 2001 haben sie außerdem Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung in Form des sogenannten Arbeitsförderungsgeldes. Dieses beläuft sich auf 26 € und wird ausgezahlt, wenn das Entgelt mit dem Arbeitsförderungsgeld zusammen nicht höher als 325 € ist. Liegt der Betrag bei über 299 €, beträgt das Arbeitsförderungsgeld monatlich den Unterschiedsbetrag zwischen dem Arbeitsentgelt und 325 €.
Der Beschäftigte erwirbt außerdem durch die Entrichtung von Beiträgen für die Sozialversicherung durch den Sozialleistungsträger Ansprüche aus der Kranken- und Pflegeversicherung sowie für die Altersrente.
Eine Werkstatt gliedert sich in mehrere Bereiche: einen Eingangs-, einen Berufsbildungs- und einen Arbeitsbereich und in den Berliner Werkstätten immer einen Förderbereich.
Der Eingangsbereich umfasst das Eingangsverfahren. Wurde es bisher eher als Ausnahme durchgeführt, kann es mit Inkrafttreten des SGB IX generell durchgeführt und auch gefördert werden. Die Aufgaben des Eingangsverfahrens, das im Einzelfall bis zu drei Monaten dauern, aber auch bereits schon nach vier Wochen beendet sein kann, sind in der Werkstättenverordnung im Paragraphen 3 geregelt:
(1) [...] Aufgabe des Eingangsverfahrens ist es festzustellen, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben im Sinne des § 136 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist, sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und ergänzende Leistungen oder Leistungen zur Eingliederung in das Arbeitsleben in Betracht kommen und einen Arbeitsplan zu erstellen.“
Im Paragraphen 3 wird ebenfalls festgelegt, dass nach Durchlaufen des Eingangsverfahrens vom Fachausschuss darüber entschieden wird, ob die Werkstatt für den Betroffenen geeignet ist oder ob alternative Möglichkeiten in Betracht kommen. Im Fachausschuss ist die Werkstatt für behinderte Menschen, der überörtliche Sozialhilfeträger und das Arbeitsamt vertreten.
„(3) Zum Abschluss des Eingangsverfahrens gibt der Fachausschuss auf Vorschlag des Trägers der Werkstatt und nach Anhörung des behinderten Menschen, gegebenenfalls auch seines gesetzlichen Vertreters, unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Persönlichkeit des behinderten Menschen und seines Verhaltens während des Eingangsverfahrens, eine Stellungnahme gemäß Absatz 1 gegenüber dem zuständigen Rehabilitationsträger ab. [...]
(4) Kommt der Fachausschuss zu dem Ergebnis, dass die Werkstatt für behinderte Menschen nicht geeignet ist, soll er zugleich eine Empfehlung aussprechen, welche andere Einrichtung oder sonstigen Maßnahmen für den behinderten Menschen in Betracht kommen. Er soll sich auch dazu äußern, nach welcher Zeit eine Wiederholung des Eingangsverfahrens zweckmäßig ist und welche Maßnahmen und welche anderen Leistungen zur Teilhabe in der Zwischenzeit durchgeführt werden sollen.“
Der bisherige Arbeitstrainingsbereich heißt seit Inkrafttreten des SGB IX Berufsbildungsbereich. Im Berufsbildungsbereich finden 24 Monate lang Maßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten ins Arbeitsleben und zur Förderung der gesamten Persönlichkeit statt. Es handelt sich nicht um eine Berufsausbildung, die in der Regel einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf zum Ziel hat. In einem Grund- und Aufbaukurs von in der Regel je zwölfmonatiger Dauer sollen die Beschäftigten auf der Grundlage eines individuellen Förderplanes in verschiedene Arbeitstechniken eingeführt werden, die Werkstatt und die betrieblichen Abläufe kennenlernen, eine Förderung ihrer sozialen, kommunikativen und lebenspraktischen Kompetenzen erfahren und durch Vermittlung der für alle Tätigkeiten relevanten Basisqualifikationen auf eine Tätigkeit im Arbeitsbereich vorbereitet werden, die auch ihrer Eignung und Neigung entspricht. Berufliche Bildung in der Werkstatt für behinderte Menschen bereitet also auf eine Arbeitstätigkeit vor, in der wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 54 des Schwerbehindertengesetzes erbracht wird. Dabei kann auch eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erfolgen.
Das Betreuungsverhältnis von 1:6 ist oftmals zu ungünstig und die Ausbildungszeit für Menschen mit autistischer Behinderung, die eine längere Phase der Gewöhnung an die Arbeitsprozesse benötigen, in der Regel nicht ausreichend. Der Stellenschlüssel kann im individuellen Fall durch Verhandlungen mit dem Kostenträger verbessert werden, wenn sich die Werkstatt bereit erklärt, den Menschen mit autistischer Behinderung dann zu betreuen.
Im Anschluss an den Aufbaukurs entscheidet der Fachausschuss erneut darüber, ob eine Wiederholung der Berufsbildungsmaßnahme oder einer anderen berufsfördernden Maßnahme sinnvoll erscheint, ob eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich ist oder ein Übergang in den Produktionsbereich empfohlen werden kann.
Aufgrund des Runderlasses 42/ 96 der Bundesanstalt für Arbeit besteht auch die Möglichkeit, im Anschluss an die Berufsbildungsmaßnahme berufsfördernde Bildungsmaßnahmen durchzuführen. Die Phase der beruflichen Qualifizierung kann so auf fünf Jahre verlängert werden.
Es ist auch möglich, im Anschluss an das Eingangsverfahren oder an Maßnahmen im Berufsbildungsbereich an Förderlehrgängen teilzunehmen. Diese Förderlehrgänge sind für Personen gedacht, die mehr Zeit benötigen, um durch gezielte berufliche Qualifizierung doch noch in den Arbeitsbereich zu gelangen oder auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt werden zu können. Vor Aufnahme in die Werkstatt für behinderte Menschen sollte deshalb nachgefragt werden, ob diese F2 bis F4 genannten Lehrgänge dort angeboten werden.
Ein gleitender Übergang in den Arbeitsbereich ist für Menschen mit autistischer Behinderung günstig. Dies wird erleichtert, weil die Werkstatt neben der Vorbereitung auf das Erwerbsleben auch für viele Menschen mit autistischer Behinderung Ort der sich anschließenden Erwerbstätigkeit selbst ist. Außerdem ist bspw. durch eine zeitliche Einzelvereinbarung möglich, dass der Auszubildende zunächst nur zwei oder drei Stunden täglich im Arbeitsbereich arbeitet, damit er sich an Arbeitsrhythmus, -zeiten, Mitarbeiter usw. gewöhnt. Im Arbeitsbereich beträgt das Betreuungsverhältnis 1:12.
Es ist ein höchst unbefriedigender Zustand, dass nicht alle Jugendlichen mit autistischer Behinderung ohne Begleitung in den Arbeitsbereich einer Werkstatt integriert werden können. In diesem Fall ist eine Arbeitsassistenz (siehe Kapitel 8) notwendig.
Die Aufnahme in den Arbeitsbereich der Werkstatt kann verweigert werden, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen (§ 54,3 SCHWBG), nicht gemeinschaftsfähig ist (§ 1 SCHWB WV) oder ein außerordentliches Pflegebedürfnis vorliegt (§ 1 SCHWB WV).
Es besteht die Möglichkeit, dass Menschen mit autistischer Behinderung von vornherein aus der Werkstatt ausgegrenzt werden. Dabei beruft man sich zumeist auf Anordnungen der Bundesanstalt für Arbeit, nachdem berufsfördernde Maßnahmen nur finanziert werden, wenn der Behinderte bereit ist, sich bilden und eingliedern zu lassen und wenn zu erwarten ist, dass das Ziel der Maßnahme auch erreicht werden kann. Nach Abschluss der Maßnahme muss er innerhalb einer angemessenen Zeit außerhalb oder innerhalb der Werkstatt eine angemessene Beschäftigung finden.
In diesem Fall kann entscheidend sein, ob die Werkstatt über einen Förder- oder Schwerstbehindertenbereich verfügt. Die Betreuung und Förderung nicht werkstattfähiger Menschen mit Behinderung kann in Einrichtungen und Gruppen erfolgen, die der Werkstatt angegliedert sind. Alle Berliner Werkstätten verfügen über sogenannte Fördergruppen.
In einer Fördergruppe ist der Betreuerschlüssel höher als in den anderen Bereichen der Werkstatt. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass dort pädagogisch qualifiziertes Personal tätig ist. Aber die Menschen mit Behinderung sind in der Fördergruppe meist nicht in die gesetzliche Sozialversicherung einbezogen, sie haben keinen Anspruch auf berufliche Bildung und den monatlichen Grundbetrag, den die anderen Werkstattmitarbeiter erhalten.
Adressen der Berliner Werkstätten findet man unter: Pohl, Walter (2001): Die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfB) in Berlin. In: vds (Hrsg.): Sonderpädagogik in Berlin 2, S. 6-18.
Sollte auch die Aufnahme in eine Fördergruppe nicht möglich sein, könnte beim Behindertenzentrum nachgefragt werden. Das Behindertenzentrum ist zwar vorrangig eine Einrichtung für Erwachsene mit geistiger Behinderung, hat aber mehr als ein Fünftel seiner Plätze an Menschen mit autisti-scher Behinderung vergeben.6 Hier werden Personen aus allen Bezirken Berlins aufgenommen, die als nicht werkstattfähig gel-ten, sofern freie Plätze vorhanden sind.
Kontakt:
Behindertenzentrum
Lützowplatz 3
10785 Berlin
Telefon: 030/26 18 470
Andere Schulabgänger mit autistischer Behinderung sind unter bestimmten Umständen sogar den Anforderungen einer regulären Berufsausbildung gewachsen. Sie benötigen in aller Regel aber Hilfe bei der Gestaltung von Beziehungen zu den Ausbildern und Vorgesetzten ebenso wie zu den Kollegen. Besonders wichtig ist die Anpassung an neue Anforderungen, wie z.B. ein Wechsel des Arbeitsraumes oder der direkten Arbeitskollegen. Auch hier kann eine begleitende Hilfe notwendig sein.
Ein kleiner Teil der Schulabgänger mit autistischer Behinderung kann das Berufsbildungswerk besuchen. Berufsbildungswerke sind Einrichtungen zur beruflichen Erstausbildung von Menschen mit Behinderungen. Das Ausbildungsangebot umfasst die Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen, nach besonderen Regelungen für Menschen mit Behinderungen und berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Ausbildungswerkstätten, Berufsschule, Wohnmöglichkeiten, Freizeiteinrichtungen und begleitende Reha-Fachdienste sind meist unter einem Dach angesiedelt.
Voraussetzung für eine Ausbildung in einem Berufsbildungswerk ist die Konsultation des regionalen Arbeitsamtes. Mit der Zustimmung des Berufsberaters ist die Kostenübernahme durch die Bundesanstalt für Arbeit verbunden. Die letzte Entscheidung trifft aber das Berufsbildungswerk in einem Aufnahmeverfahren selbst. Der Berufsbildungsausschuss des Bundesverbandes Hilfe für das autistische Kind e.V. empfiehlt bei der Aufnahme in ein Berufsbildungswerk folgendes Vorgehen:
„Wenn sich ein Jugendlicher mit Autismusproblematik in einem BBW bewirbt, sollte die [...] zuständige Kontaktperson für autistische Auszubildende
- ein intensives Vorstellungsgespräch mit den Eltern, gegebenenfalls unter Hinzuziehung des externen Therapeuten, führen
- ein mindestens 2-3tägiges Probewohnen veranlassen, damit Jugendliche wie Betreuer sich etwas besser kennenlernen können, sowie
- eine sich gegebenenfalls über einen längeren Zeitraum als üblich erstreckende Phase der Berufsfindung und Arbeitserprobung organisieren. Bereits in der Aufnahmephase muss eine potentielle Überforderung oder Verunsicherung durch Konfrontation mit zu vielen verschiedenen Gruppen vermieden werden.“7
Es existieren allerdings nicht in allen Berufsbildungswerken Kontaktpersonen, die über spezielle Kenntnisse über die autistische Behinderung verfügen.
Die Ausbildung erfolgt in Gruppen von durchschnittlich acht Auszubildenden. Es findet mindestens ein mehrwöchiges Betriebspraktikum statt. Günstig ist, wenn das Berufsbildungswerk von allgemein üblichen Vorgehensweisen zugunsten der besonderen Bedürfnisse von Menschen mit autistischer Behinderung abweicht.
Die Berufsfindung hat das Ziel, Vorschläge für in Frage kommende Berufe zu geben. Sie dauert bis zu 60 Tage. Es ist in einigen Fällen empfehlenswert, von einem zwangsläufigen Kennenlernen von fünf Berufsbildern abzusehen.
In der Arbeitserprobung soll herausgefunden werden, ob und mit welchen Rahmenbedingungen ein bestimmter Berufswunsch realisiert werden soll. Sie kann bis zu 20 Arbeitstage dauern. Eine Arbeitserprobung erfolgt auf freiwilliger Basis nach einem individuellen Plan und wird durch die Berufsberatung vermittelt und finanziert. Sie findet ausschließlich in Reha-Einrichtungen statt, also z.B. im Berufsbildungs- oder Berufsförderungswerk.
Das Berufsbildungswerk sollte in jedem Fall über die Besonderheiten des Bewerbers informiert werden, damit ein autismusspezifischer Reha-Gesamtplan erstellt werden kann. Dieser beinhaltet Ziel, Weg und Mittel der Rehabilitation und eine Planung des individuellen Förderbedarfs. So soll sichergestellt werden, dass die Eingliederung in das gesellschaftliche Leben in nahtlos ineinandergreifenden Schritten und abgestimmt auf die individuelle Situation erfolgt. Der Reha-Gesamtplan umfasst alle medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Maßnahmen. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Rehabilitation mehrere Maßnahmen umfasst und verschiedene Träger und Stellen (z.B. Krankenkassen, Arbeitsamt usw.) beteiligt sind.
Das Arbeitsamt übernimmt in der Regel die Kosten für den Aufenthalt im Berufsbildungswerk oder es veranlasst die Finanzierung durch die zuständigen Reha-Träger. Auszubildende im Berufsbildungswerk erhalten ein monatliches Ausbildungsgeld und sie sind sozialversichert.
In einer Untersuchung über Schwierigkeiten im Verlauf der beruflichen Rehabilitation im Berufsbildungswerk stellte Mathias Dalferth fest, dass diese vor allem beim Erwerb sozial-kommunikativer Kompetenzen und weniger im Bereich lebenspraktischer Kompetenzen auftraten. Probleme entstanden aufgrund der Besonderheiten in den Bereichen des Sozial- und Kontaktverhaltens, z.B. durch missglückte Kommunikationsversuche und mangelnden Kontakt zu anderen Auszubildenden. Dies führte oft zu einer Ablehnung der jungen Erwachsenen mit autistischer Behinderung durch ihre peergroup. Ein weiterer Aspekt besteht in einem fehlenden Verständnis von Ausbildern und Betreuern. Er empfiehlt, die Mitarbeiter über die autistische Behinderung des Auszubildenden zu informieren, um Unsicherheiten und Abwehr entgegenzuwirken. Ein Ansprechpartner sollte auch im Verlauf der Ausbildung zur Verfügung stellen, Fortbildungsmaßnahmen durchführen oder einen Erfahrungsaustausch aller Betreuer organisieren.8
In einigen Fällen, man kann von drei bis vier Prozent ausgehen9, können Menschen mit autistischer Behinderung auch an verständnisvolle Betriebe vermittelt und dort ausgebildet werden. Es können ausbildungsbegleitende Hilfen und eine finanzielle Förderung für Betriebe (Ausbildungszuschüsse) gewährt werden. Es ist auch möglich, bei der Bundesanstalt für Arbeit um ausbildungsbegleitende Hilfen während der Ausbildungsphase nachzusuchen.
Nach Paragraph 14 des Schulgesetzes für Berlin besteht in diesem Fall die Verpflichtung, eine Berufsschule zu besuchen. Nach Paragraph 39 des Schulgesetzes vermitteln die Berufsschulen den Schulabgängern, die in einem Berufsausbildungsverhältnis stehen, vor allem die für den gewählten Beruf erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse und erweitern die Allgemeinbildung in Anknüpfung an die beruflich erworbenen Einsichten und Erfahrungen. Sie erteilen in der Regel zwischen acht und 12 Stunden Unterricht an ein bis zwei Tagen in der Woche. Zwei Drittel des Unterrichts entfallen auf die Fachtheorie, ein Drittel auf allgemeinbildende Fächer. Berufsbildende Schulen werden nach Berufsfeldern in Oberstufenzentren zusammengefasst. Dies gilt nicht für Berufsschulen mit sonderpädagogischer Aufgabe (siehe Paragraph 42 des Schulgesetzes).
Mathias Dalferth hat einen Überblick über die Ausbildungen und Tätigkeiten von Menschen mit autistischer Behinderung in der Bundesrepublik gegeben, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sind. Er führt auf:
Gartenbauwerker, Vermessungstechniker, Tierpfleger, Bürokaufmann, Bürokraft, Schweißer, Tischler, technischer Zeichner, Bauzeichner, Medizinlaborant, Textilreinigerin, Postzusteller, Kochfrau, Programmierer, Textilfachwerker, PC-Schreibkraft.10
Da es in Berlin 40 Oberstufenzentren gibt und es die Platzkapazitäten überschreiten würde, alle Adressen anzugeben, wird zur weiteren Information auf die Adresse www.oberstufenzentrum.de verwiesen,
Einige Menschen mit autistischer Behinderung können keine Berufsausbildung erfolgreich absolvieren, auch wenn alle Fördermöglichkeiten zur beruflichen Rehabilitation genutzt werden. Andererseits sind sie aber vielleicht mit einer Beschäftigung in der Werkstatt für behinderte Menschen unterfordert. Für sie ist eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzustreben. Dazu sollten die Möglichkeiten einer intensiven Berufsvorbereitung genutzt werden. Dies betrifft vor allem Förderlehrgänge, bis maximal 36 Monate oder auch das Berufsvorbereitungsjahr mit dem Ziel, zumindest eine Teilqualifikation zu erwerben. Die Kosten für eine befristete Probebeschäftigung kann vom Arbeitsamt übernommen werden.
Es existieren in Berlin Vereine, bei denen eine solche Berufsvorbereitung möglich ist. Einer von ihnen, die bereits Erfahrungen mit Schulabgängern mit autistischer Behinderung gesammelt haben, ist das Zukunftswerk „Jugend“ e.V.
Zukunftswerk „Jugend“ e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der im Jahre 1992 gegründet wurde. Sein Ziel ist, Jugendliche auf eine Berufsausbildung oder eine Tätigkeit im freien Arbeitsmarkt vorzubereiten. Er bietet deshalb neben einer Ausbildung zum Maler/Lackierer und zur Fachkraft im Gastgewerbe auch einen Förderlehrgang F2. Für jeweils sechs bis acht Jugendliche gibt es folgende Berufsfelder:
- Parkpflege,
- Holz,
- Bau/Farbe,
- Textil,
- Hauswirtschaft,
- Floristik.
Die Dauer des Lehrgangs beträgt ein Jahr, es besteht aber die Möglichkeit der Verlängerung. Von September bis Dezember stehen das gegenseitige Kennenlernen und Ausprobieren der Berufsfelder im Mittelpunkt. Von Januar bis Mai erfolgt eine Vertiefung in einem Berufsfeld und ein mehrtägiges Praktikum. Von Juni bis August werden die Kenntnisse gefestigt und die Anschlussmaßnahme vorbereitet. An einem Tag in der Woche erfolgt der Besuch einer Berufsschule, der Unterricht kann aber auch im Haus erfolgen.
Die Zuweisung der Schulabgänger erfolgt über den Berufsberater des Arbeitsamtes. Bei ihm sind auch vergleichbare Vereine in anderen Bezirken zu erfragen.
Kontakt
Zukunftswerk „Jugend“ e.V.
Wustrower Straße 18
13051 Berlin
Telefon: 030/92 40 57 05/07
Integrationsfachdienste sind Dienste, die die Integrations- und Arbeitsämter bei der Vermittlung und Begleitung von Menschen mit Behinderungen in den Beruf unterstützen. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, Menschen mit Behinderung aus der Werkstatt für behinderte Menschen oder Berufsbildungswerken in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln. Es kann nämlich sein, dass Jugendliche mit autistischer Behinderung aufgrund ihrer speziellen Fähigkeiten im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen unterfordert sind. Hier sieht die Werkstättenverordnung im Paragraphen 5 den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vor.
„(3) Zur Erhaltung und Erhöhung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit des behinderten Menschen sind arbeitsbegleitend geeignete Maßnahmen durchzuführen.
(4) Der Übergang von behinderten Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist durch geeignete Maßnahmen zu fördern, insbesondere auch durch die Einrichtung einer Übergangsgruppe mit besonderen Förderangeboten, Entwicklung individueller Förderpläne sowie Ermöglichung von Trainingsmaßnahmen, Betriebspraktika und durch eine zeitweise Beschäftigung auf ausgelagerten Arbeitsplätzen. Dabei hat die Werkstatt die notwendige arbeitsbegleitende Betreuung in der Übergangsphase sicherzustellen und darauf hinzuwirken, dass der zuständige Rehabilitationsträger seine Leistungen und nach dem Ausscheiden des behinderten Menschen aus der Werkstatt das Integrationsamt, gegebenenfalls unter Beteiligung eines Integrationsfachdienstes, die begleitende Hilfe im Arbeits- und Berufsleben erbringen. Die Werkstatt hat die Bundesanstalt für Arbeit bei der Durchführung der vorbereitenden Maßnahmen in die Bemühungen zur Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt einzubeziehen.
(5) Der Fachausschuss wird bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen nach den Absätzen 3 und 4 beteiligt. Er gibt auf Vorschlag des Trägers der Werkstatt oder des zuständigen Rehabilitationsträgers in regelmäßigen Abständen, wenigstens einmal jährlich, gegenüber dem zuständigen Rehabilitationsträger eine Stellungnahme dazu ab, welche behinderten Menschen für einen Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in Betracht kommen und welche übergangsfördernden Maßnahmen dazu erforderlich sind.“
Eine der wesentlichen Neuerungen durch das SGB IX ist die Begründung der Übernahme für eine Arbeitsassistenz. Die Kosten werden von den Intgrationsämtern getragen. Der Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz für die Dauer von bis zu drei Jahren lässt sich aus § 33 und § 102 Abs. 4 SGB IX herleiten. Arbeitsassistenz ist dann notwendig, wenn die Unterstützung im Betrieb nicht ausreichend ist, um die geforderte Arbeitsleistung zu erbringen. Sie soll weder den behindertengerechten Arbeitsplatz, noch die Unterstützung durch Kollegen ersetzen. Die Assistenz muss über gelegentliche Handreichungen deutlich hinausgehen, dient aber nicht der Erledigung der Leistungen, für die der Mensch mit autistischer Behinderung arbeitsvertraglich verpflichtet ist. Der Anspruch auf Arbeitsassistenz gilt künftig aber nicht nur, um den Arbeitsplatz zu erhalten sondern auch, um ihn zu erlangen.
Die Aufgaben des Arbeitsassistenten lassen sich aus dem allgemeinen Tätigkeitsprofil des Integrationsfachdienstes herleiten. Sie bestehen darin, Menschen mit Behinderungen den Übergang in das Arbeitsleben zu erleichtern. Sie können die jungen Erwachsenen mit autistischer Behinderung in den ersten Wochen auch am Arbeitsplatz betreuen. Auftraggeber ist der Betroffene selbst.
Es liegen bisher nur wenige Erfahrungen über eine Arbeitsbegleitung von Menschen mit autistischer Behinderung vor. Die Konzeption Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus11 hält die integrierende Arbeitsbegleitung sowohl in den Werkstätten für behinderte Menschen als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für denkbar.
In Berlin gibt es die Möglichkeit, eine sonderpädagogische Zusatzausbildung zum Betriebshelfer/Arbeitsassistenten zu absolvieren, so dass qualifierziertes Personal für diese Tätigkeit zur Verfügung steht.
Kontakt:
ISB
Gemeinnützige Gesellschaft für Integration, Sozialforschung und Betriebspädagogik mbH
Potsdamer Straße 141
10783 Berlin
Herr Kinne
Telefon: 030/21 50 87 13
Fax: 030/ 21 50 87 88
Sabine Olthoff
Telefon: 030/21 50 87 11
Homepage: http://www.isb-berlin.de/fuw/aainf.htm (30.03.2002)
Nur wenige Schulabgänger mit autistischer Behinderung haben die Hochschulzugangsberechtigung. Da dies aber keinesfalls ausgeschlossen werden kann, sollen auch einige Hinweise zu Fragen des Studiums gegeben werden.
Gesetzliche Grundlagen für den Nachteilsausgleich von Studierenden mit autistischer Behinderung findet man im Hochschulrahmengesetz in der Fassung vom 20.08.1998 und im Gesetz über die Hochschulen im Land Berlin (BerlHG) in der Fassung vom 29.05.1999. Das Hochschulrahmengesetz gibt unter § 2 Aufgaben vor:
„(4) Die Hochschulen wirken an der sozialen Förderung der Studierenden mit; sie berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse von [...] behinderten Studierenden.“
Das Gesetz über die Hochschulen im Land Berlin befasst sich in mehreren Paragraphen mit den Belangen von Studierenden mit Behinderungen:
„§ 4 Aufgaben der Hochschulen
(6) Die Hochschulen berücksichtigen die besonderen Bedürfnisse behinderter Studenten und Studentinnen und treffen in allen Bereichen die erforderlichen Maßnahmen zur Integration der behinderten Studenten und Studentinnen. Für die Durchführung des Studiums und der Prüfungen sind geeignete Maßstäbe zu treffen, die unter Wahrung der Gleichwertigkeit einen Nachteilsausgleich gewährleisten.“
„§ 9 Rechte und Pflichten der Studenten und Studentinnen
(2) Jedem Studenten und jeder Studentin mit Behinderungen soll die erforderliche Hilfe zur Integration nach § 4 Abs. 6 zur Verfügung gestellt werden.“
„§ 31 Prüfungsordnung
(3) Die Prüfungsordnungen sehen die Möglichkeit vor, bei Nachweis körperlicher Beeinträchtigung und Behinderungen ganz oder teilweise Prüfungsleistungen in der vorgesehenen Form durch gleichwertige Prüfungsleistungen in anderer Form zu ersetzen.“
Wird praktische Hilfe beim Studium benötigt, werden z.B. Begleitdienste notwendig, kann man beim überörtlichen Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe die benötigte Stunden beantragen. Der Kostenträger erstattet die Kosten per Bescheid frühestens ab Antragstellung. Aber Achtung: Es werden nur die Stunden während des Semesters bezahlt! Außerhalb dieser Zeiten, z.B. Semesterzeiten und Zeiten während des Tages, die nicht im Zusammenhang mit dem Studienbetrieb stehen, werden nicht vom überörtlichen Träger zur Kostenerstattung übernommen, sondern nach Antragstellung vom örtlichen Sozialhilfeträger. Der Kostenträger verlangt hier einen differenzierten Stundennachweis.
An den Hochschulen und Universitäten ist zumeist ein Beauftragter für Behindertenfragen, die helfen können, behinderungsspezifische Fragen im Zusammmenhang mit einem Studium an der entsprechenden Einrichtung zu beantworten. Der Behindertenbeauftragte der Humboldt-Universität zu Berlin empfiehlt den Lehrenden, je nach Behinderung des Studierenden
„- benötigte Literatur langfristig bekanntzugeben,
- Skripten und Folien zur Verfügung zu stellen,
- eine Tonbandaufzeichnung zu gestatten,
- hinsichtlich des Zugangs und der Ausstattung in besser geeignete Räume zu wechseln,
- eine Mikrofonanlage zu verwenden,
- verstärkt optische Medien einzusetzen,
- Tafelanschriebe vorzulesen,
- Folien ausführlicher zu erläutern,
- auf gute Beleuchtung der Tafel und des Mundes zu achten,
- deutlich und ggf. auch langsamer zu sprechen und dabei stets zum Auditorium zu sehen,
- Teamarbeit zu unterstützen,
- Geräusche technischer Hilfsmittel, z.B. von elektronischen Braillenotizgeräten, Laptops, Kassettengeräten u.a. zu akzeptieren,
- vorgesehene schriftliche Studienleistungen durch mündliche bzw. mündliche durch schriftliche zu ersetzen,
- Möglichkeiten für die Teilnahme an Exkursionen und Praktika bzw. einen gleichwertigen Ersatz zu finden,
- zusätzlich Pausen einzulegen.“12
Weitere Informationen kann man beim Behindertenbeauftragten erhalten.
Kontakt:
Beauftragter für die Belange behinderter und chronisch kranker Studierender (Behindertenbeauftragter)
Herr Dr. Wilhelm
Studienabteilung
Referat Allgemeine Studienberatung
Sitz: Ziegelstraße 13c
Zimmer 515
Telefon: 030/20 93 15 56
Fax: 030/20 93 15 55
e-mail: hans-ruediger=wilhelm@uv.hu-berlin.de
homepage: www.hu-berlin.de/studium/beratung.html
Freie Universität
Beauftragter für Studenten mit Behinderung
Georg Classen
14195 Berlin
Thielallee 38
Telefon: 030/83 85 52 92
Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.) (1997): Berufliche Rehabilitation junger Menschen. Handbuch für Schule, Berufsausbildung und Ausbildung. Nürnberg.
Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1996): Berufliche Integration autistischer Erwachsener. 2. Aufl. Bonn: Reha-Verlag.
Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1998): Konzeption Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus, Hamburg.
Dalferth, Mathias: Ausbildung und Arbeit autistischer Menschen. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1991): Soziale Rehabilitation autistischer Menschen - Möglichkeiten und Grenzen. 7. Bundestagung des Bundesverbandes vom 15. - 17. Februar 1991 in Düsseldorf, S. 116-131.
Dalferth, Mathias: Möglichkeiten der unterstützten Beschäftigung für autistische Menschen. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1998): Mit Autismus leben – Kommunikation und Kooperation. Tagungsbericht. Hamburg, S. 121-135.
Dalferth, Mathias: Wege zur erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt durch Unterstützte Beschäftigung. Problemstellungen und Lösungsmöglichkeiten. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1996): Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus. Arbeitstagung. Hamburg, S. 42-66.
Humboldt-Universität zu Berlin, Studienabteilung, Referat Allgemeine Studienberatung (Hrsg.) (1999): Mit behinderten und chronisch kranken Studierenden erfolgreich zusammenarbeiten. Informationen für Lehrende.
Nieß, Nicosia (1998): Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus – Spezifische Hilfen für autistische Menschen sind notwendig. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.): Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus. Arbeitstagung. Hamburg.
Pohl, Walter (2001): Die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfB) in Berlin. In: vds (Hrsg.): Sonderpädagogik in Berlin 2, S. 6-18
1* Der vorliegende Aufsatz ist die gekürzte Fassung eines Beitrages aus Brita Schirmer: Autismus in Berlin: Ein Handbuch und Ratgeber. Berlin: Weidler, 2002. ISBN 3-89693-201-2.
Vergleiche Bundesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte e.V. (Hrsg.) (2000): Kommunikation zwischen Partnern. Frühkindlicher Autismus. 6. Aufl. Düsseldorf, S. 34.
2Nieß, Nicosia: Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus – Spezifische Hilfen für autistische Menschen sind notwendig. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1998): Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus. Arbeitstagung. Hamburg, S. 20 ff.
3Vergleiche Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.) (1997): Berufliche Rehabilitation junger Menschen. Handbuch für Schule, Berufsausbildung und Ausbildung. Nürnberg, S. 68.
4Vergleiche Pohl, Walter (2001): Die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfB) in Berlin. In: vds (Hrsg.): Sonderpädagogik in Berlin 2, S. 6-18.
5Vom 13. August 1980 (BGBI. I S. 1365).
6Siehe Informationsbroschüre, o.J., S. 2.
7Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1996): Berufliche Integration autistischer Erwachsener. 2. Aufl. Bonn: Reha-Verlag, S. 17.
8Vergleiche Dalferth, Mathias: Ausbildung und Arbeit autistischer Menschen. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1991): Soziale Rehabilitation autistischer Menschen – Möglichkeiten und Grenzen. 7. Bundestagung des Bundesverbandes vom 15. - 17. Februar 1991 in Düsseldorf, S. 116-131.
9Dalferth, Mathias: Möglichkeiten der unterstützten Beschäftigung für autistische Menschen. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1998): Mit Autismus leben – Kommunikation und Kooperation. Tagungsbericht. Hamburg, S. 121.
10Vergleiche Dalferth, Mathias (1998): Wege zur erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt durch Unterstützte Beschäftigung. Problemstellungen und Lösungsmöglichkeiten. In: Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V (Hrsg.): Integrierende Arbeitsbegleitung von Menschen mit Autismus. Arbeitstagung. Hamburg, S. 57.
11Bundesverband Hilfe für das autistische Kind e.V. (Hrsg.) (1998). Hamburg.
12Humboldt-Universität zu Berlin, Studienabteilung, Referat Allgemeine Studienberatung (Hrsg.) (1999): Mit behinderten und chronisch kranken Studierenden erfolgreich zusammenarbeiten. Informationen für Lehrende.